Plazentahistologie
Inhaltsverzeichnis- 1. Allgemeines
- 2. Indikationen für eine Plazentahistologie
- 3. Handhabung der Plazenta im Gebärsaal
- 4. Informationen für den Pathologen (bitte in der Verordnung angeben)
- 5. Auffälligkeiten mit klinischer Relevanz
Die Plazentahistologie kann Diagnosen ergeben, welche eine unmittelbare oder auch zukünftige Konsequenz für Mutter und Kind hat:
- Kindliche Erkrankungen, welche ein unmittelbares Handeln erfordern
- Hinweise auf Erkrankungen/Zustände mit einem hohen Wiederholungsrisiko in einer Folgeschwangerschaft
- Zustände welche ein verändertes Management in einer Folgeschwangerschaft erforderlich machen
- Zustände, welche das Management der Patientin beeinflussen (inkl. Indikation für Abklärungen oder Therapie)
- Erklärung für ein ungünstiges Schwangerschafts-Outcome
- Maternal
- Frühgeburtlichkeit vor der 37. SSW
- Systemerkrankungen mit Relevanz für Mutter oder Kind, z.B.:
- vorbestehender Diabetes mellitus oder non-compliance bei Gestationsdiabetes
- schwere Hypertonie
- Autoimmunerkrankungen
- Kollagenosen
- Schwere Anämie (< 90g /L)
- Unerklärte oder wiederholte Schwangerschaftskomplikationen (z.B. Spätabort, St.n. Spätabort oder habituelle Aborte)
- Amnioninfektsyndrom oder Fieber unter Geburt >38.5 °C
- Vorzeitige Plazentalösung oder -teillösung
- Starke (wiederholte) vaginale Blutung im 2. Und 3. Trimenon
- Maternaler Tod
- Maternal (relative Indikation falls als relevant für die Fetale Entwicklung angesehen):
- Abgang von dickem Mekonium oder verlängerter Abgang von Mekonium in der Schwangerschaft oder unter Geburt (Bitte nicht bei «lindgrünem Fruchtwasser einschicken!)
- Substanzabusus in der Schwangerschaft
- Mütterliches Abdominaltrauma in der Schwangerschaft
- Fetal
- Todgeburt oder neonataler Tod
- SAG oder IUGR <10. Perzentile
- V.a. mütterliche (und fetale) Infektion für z.B. Toxoplasmose, CMV, Parvovirus B19, ZIKA, COVID-19
- Hydrops fetalis (v.a. unklarer Ätiologie)
- Kindliche Fehlbildungen (bei Vorliegen einer Aneuploidie kann ggf. auch darauf verzichtet werden)
- Dysmorphiezeichen
- V.a. diabetische Fetopathie (unabhängig des Geburtsgewichtes oder des Nachweises eines GDM bei der Mutter)
- Schwere Hämolyse aufgrund mütterlicher Alloimmunisierung oder fetaler Hämatokrit <35%
- Kindliche Verlegung auf die NeoIPS
- Pathologisches-CTG mir Indikation zur sofortigen Entbindung mit pH <7.0 oder 5-Min APGAR <7 oder Atemunterstützung für >10 Minuten
- V.a. neonatale Sepsis (innerhalb 72 Stunden nach Geburt)
- Neonatale Krampfanfälle
- Komplikationen bei Gemini, z.B. Gewichtsdiskrepanz >20%
- Plazentar
- Makroskopisch auffällige Plazenta (inkl. auffälliges Gewicht), auffällige Eihäute oder auffällige Nabelschnur
- Stark anhaftende Plazenta/V.a. PAS
- Anamnese einer auffälligen Plazentahistologie mit Wiederholungsrisiko
- Nach Geburt wird jede Plazenta manuell von grossen Koageln gereinigt und durch Hebamme und Ärztin/Arzt auf Vollständigkeit und Auffälligkeiten beurteilt
- Die Plazenta wird gewogen (bitte Nabelschnur anheben)
- bei dichorealen Gemini werden beide Plazenten zusammen und falls möglich auch die einzelnen Plazenten gewogen
- Die Länge der Nabelschnur wird gemessen (inkl. kindlichem Anteil)
- Bei Indikation für eine histopathologische Untersuchung erfolgt eine Fotodokumentation durch die Hebamme
- Bei Indikation für eine histopathologische Untersuchung muss das Einverständnis der Eltern dazu (mündlich) eingeholt werden und im LUKIS dokumentiert werden.
- Die Plazenta wird frisch eingesandt. Eine Lagerung im Kühlschrank bei 4-8°C ist für bis zu 4 Tage (96 Stunden) möglich.
- Auch die als unauffällig eingestuften Plazenten werden für 96 Stunden gelagert, da es noch neonatale Indikationen für eine Plazentahistologie geben kann. (Kühlschrank im Gebärsaal)
-
- Mutter: Alter, Parität, Gestationsalter, relevanter maternale Erkrankungen (z.B. Gestationsdiabetes, arterielle Hypertonie, rheumatische Erkrankungen)
- Neugeborenes: Geschlecht, Geburtsgewicht, Kopfumfang, pH arteriell, APGAR
- Geburtsmodus
- Schwangerschaftsverlauf (z.B. unauffällig, z.B. rez. vag. Blutung, z.B. auffällige Doppler, z.B. V.a. Fehlbildung z.B. Chronizität/Amnizität bei Gemini)
- Fragestellung an den Pathologen
- Kopie-Empfänger: Immer OA Geburtshilfe, Zuweiser, ggf. OA Neonatologie, ggf. noch weitere
Die untenstehenden Auffälligkeiten habe eine klinische Relevanz und sollten ggf. kurz mit jemandem aus dem feto-maternalen Team rückbesprochen werden:
-
- Schwere maternale Minderperfusion:
- Termin 8-12 Wochen pp im Spezialschall zur Besprechung. Maternale Testung auf rheumatische/Autoimmunerkrankungen und Gerinnungsabklärung (Anamnese, körperliche Untersuchung und Post-PE-Labor). Empfehlung zum oGTT und zur Überprüfung des kardiovaskulären Status, inkl. EKG beim Hausarzt
-
- Chorioamnitis: ggf. Relevanz bzgl. antibiotischer Therapie beim Neugeborenen
- Vilitis unklarer Ätiologie (VUE) // Basalplatten-Infarkte // Chronische Intervillositis (chronic histiocytic intervillitis CHI):
- Termin 8-12 Wochen pp im Spezialschall zur Besprechung. Maternale Testung auf rheumatische/Autoimmunerkrankungen und Gerinnungsabklärung. (Anamnese, körperliche Untersuchung und Post-PE-Labor)
- Im Falle einer CHI: hämatologische Abklärung des Neugeborenen
-
- Massive Perivilöse Fibrinabscheidung/-ablagerung // Basalplatten-Infarkte: können Hinweise sein für maternale Antikörper gegen fetale Antigene. Klinisches Korrelat?
- Fetale Gefäss Minderperfusion, v.a. Fetale thrombotische Vaskolopathy: Klinische Untersuchung des Neugeborenen zum Ausschluss von Thrombosen beim Kind empfohlen. Abklärung von hereditären Thrombophilien beim Neugeborenen.
- Zottenreifungsstörung: Im Falle einer Folgeschwangerschaft Testung auf GDM in der Frühschwangerschaft, sowie regulärer oGTT empfohlen. Regelmässige Ultraschallkontrollen des fetalen Wachstums und ggf. Entbindung vor der errechneten Geburtstermin. Telefonische Histobesprechung und kurzer Brief an Zuweiser mit der Empfehlung.
Literatur:
Menter T, Bruder E, Hösli I, Lapaire O, Raio L, Schneider H, Höller S, Hentschel R, Brandt S, Bode P, Schultzke S, Drack G; Academy of Fetomaternal Medicine of the Swiss Society of Gynecology and Obstetrics SSGO; Swiss Society of Pathology/Swiss Paediatric Pathology Group; Swiss Society of Neonatology. Pathologic findings of the placenta and clinical implications - recommendations for placental examination. Swiss Med Wkly. 2024 Oct 14;154:3929. doi: 10.57187/s.3929. PMID: 39465447.
Chen A, Roberts DJ. Placental pathologic lesions with a significant recurrence risk - what not to miss! APMIS. 2018 Jul;126(7):589-601. doi: 10.1111/apm.12796. Epub 2017 Dec 22. PMID: 29271494.
Santos, J., Szymanski, L.M., Theiler, R.N., Norgan, A.P., Enninga, E.A.L., Mcduffie, M., Bulawa-Regner, L.A., Cheek-Norgan, E.H., Lamppa, J.A. and Wick, M. (2025), Enhancing the utility of placental pathology reports for clinical use. Pregnancy, 1: e70029. https://doi.org/10.1002/pmf2.70029