Jahreskontrolle

Inhaltsverzeichnis

 

Eine grundsätzliche jährliche Kontrolle (Jahreskontrolle) zu empfehlen ist obsolet. Umfang und Intervalle der Vorsorge-Untersuchungen werden individuell abgestimmt.

Begriffe und Abkürzungen

  • HPV: Humanes Papillomavirus
  • TAS: Transabdominalsonographie
  • TVS: Transvaginalsonographie

Aktuelle Beschwerden

 

Gynäkologische Anamnese:

  • Anzahl der Schwangerschaften und Geburten (Art: Normale Entbindung (NE), Kiwi, Vakuum, primäre/sekundäre Sectio (wann, warum?)
  • durchgemachte gynäkologische Erkrankungen
  • gynäkologische Operationen inkl. Mamma-OPs
  • Menstruationsanamnese, Dysmenorrhoe
  • Miktions-/Defäkationsbeschwerden (inkl. Frage nach Inkontinenz)
  • Antikonzeption/ Hormontherapie
  • Kinderwunsch
  • Dyspareunie

 

Allgemeine Anamnese:

  • Weitere Erkrankungen (mit entspr. Medikation)
  • Voroperationen nicht gynäkologischer Art (unter besonderer Berücksichtigung von intraabdominalen Eingriffen)
  • Allergien
  • vorangegangene Transfusionen
  • bekannte hämostasiologische Krankheiten (vermehrte Blutungsereignisse bei Voroperationen, Zahnbehandlungen, Geburten); ggf. Ablehnung von Transfusionen (Zeugen Jehovas)
  • Thromboembolische Ereignisse
  • Impfstatus, HPV-Impfung
  • Nikotin-/Alkohol-/ Drogenkonsum

 

Familienanamnese:

  • besondere Berücksichtigung von Malignomen (Mamma-, Ovarial-, Endometrium-, colorektale Karzinome) und thromboembolischen Ereignissen

Inspektion:

gesamtes Erscheinungsbild der Patientin, Allgemein- und Ernährungszustand

Vulvoskopie: Vulva und Introitus, Perineum und Anus

  • Hinweise auf Lichen sclerosus
  • Hinweise auf Condylome/Tumore
  • Pigmentierungsstörungen

 

Spekulumuntersuchung und Abstriche:

  • Beurteilung der Vagina
  • Zustand der Östrogenisierung/ Atrophie
  • Beurteilung von evtl. Zysto- und Rektocelenbildung (bei V.a.: Beurteilung mit Breisky-Spekula und intrabdominalem Pressversuch), Erhebung POP-Q
  • Makroskopische und kolposkopische Beurteilung der gesamten Portio mit Transformationszone
  • Entnahme von PAP mit Pinsel und Bürste intrazervikal

Unbedingt auf eventuelle Blutung nach dem Abstrich hinweisen (vor allem bei postmenopausalen Frauen)

Bei speziellen Indikationen (siehe unten) wird die HPV Bestimmung aus demselben ThinPrep-Behälter durchgeführt. Grundsätzlich erfolgt diese nur in der Dysplasie-Sprechstunde. Das reguläre Screening erfolgt nur mit PAP. Wenn eine HPV-Bestimmung gewünscht ist, muss diese explizit bestellt werden. Die Patientin muss auf eventuell anfallende Kosten hingewiesen werden (ca. 80 CHF Mehrkosten, dafür aber weniger Kontrollen bei negativem HPV-Test)

Nur bei Hinweis für Infektion: (ansonsten in regulärer Jahreskontrolle nicht notwendig)

  • Nativbeurteilung mit NaCl-Tropfen und/oder Methylenblau (auf keinen Fall mit der Pipette den Objektträger berühren, sonst habe alle Pat. den gleichen Befund!)
  • pH, KOH

Bei Auffälligkeiten an Vulva, Vagina oder Portio: Essigprobe, Schillersche Jodprobe und Kolposkopie (Facharzt hinzuziehen)

Bei Unsicherheit resp. Pathologie Zuweisung in Dysplasie- oder Vulva-Sprechstunde

 

Bimanuelle Palpation:

  • Abdomenbeurteilung
  • Uterusgrösse, -konsistenz, -verschieblichkeit, -version und -flexion
  • Adnexlogen
  • Septum rectovaginale

 

Abdomenpalpation:

  • Raumforderung, falls vorhanden: Mobilität
  • Druckdolenz, Abwehrspannung, Loslasschmerz
  • Nierenlogenklopfdolenz

 

Digital-rektale Palpation:

bei gegebener Indikation

  • ano-rektale Schmerzen 
  • Hämatochezie
  • grosszügiger ab dem 50. Lebensjahr

Aufgrund der hohen Prävalenz asymptomatischer genitaler HPV-Infektionen und des Zusammenhangs zwischen HPV und kolorektalen malignen Erkrankungen sollten die Untersuchungshandschuhe zwischen vaginalen und rektalen Untersuchungen jeweils gewechselt werden.

Zytologisches Screening alle 3 Jahre von 21 bis 70 Jahren

Ende des Screenings mit 70 Jahren bei blander Anamnese und unauffälligem Screeningergebnis.

Ein HPV-basiertes Screening wird derzeit noch nicht vom BAG empfohlen. Es muss auf die eventuell anfallenden Kosten der HPV-Testung hingewiesen werden.

Im Bericht wird im Interesse der Zuweiser die Zytologie in beiden Nomenklaturen (München III und Bethesda) aufgeführt.

 

Sonderfälle

Nach Hysterektomie aufgrund einer gutartigen Indikation, kann das Screening eingestellt werden, sofern der letzte Abstrich normal war. Im Zweifelsfalle oder bei Risikoverhalten (z.B. Partnerwechsel) sollte jedoch das Screening fortgesetzt werden.

Bei immunsupprimierten Patientinnen sollte die Untersuchung im 1. Jahr 2x vorgenommen werden, dann, bei normalem Abstrich, einmal pro Jahr.

 

Begründung für diese Vorgehensweise

Die Krebsvorsorgeuntersuchung sollte im Alter nicht per se eingestellt werden, zumal das Zervixkarzinom typischerweise einen zweiten Gipfel bei älteren Frauen zeigt.

Durch die Impfung werden nicht alle High-Risk-Viren suffizient abgedeckt, in der Zentralschweiz sind ca. 15% aller HR-HPV Viren nicht im Impfspektrum enthalten (eigene Prävalenzstudie).

Es muss eine Indikation zur Durchführung eines Ultraschalls gegeben sein. Eine Jahreskontrolle per se ist keine Indikation für eine TVS!

  • Uterus, Adnexe, freie Flüssigkeit im Douglas mittels TVS beurteilen
  • Verwendung der IOTA und IETA Nomenklatur

Bei Virgo: TAS oder ev. rektaler Ultraschall

 

Zu abnormen uterinen Blutungen siehe:

Abnorme uterine Blutungen und Endometrium im Ultraschall

  • Mammae mit erhobenen und gesenkten Armen betrachten (Inspektion)
  • Sorgfältige systematische Palpation, Kompression Mamillen zur Beurteilung der Sekretion
  • Palpation der Axillae

--> Dabei wird auf Tumore, Formveränderungen, Hautbild, Einziehungen, Schmerzen, oder Sekretion geachtet

 

Mammographie und Mammasonographie (opportunistisches Screening Kanton LU):

  • ab 50. LJ bis 70.LJ: alle 2 Jahre
  • ab 70 Jahre in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand.

Anpassung gemäss Risikofaktoren und Befunde je nach Empfehlung der Senologie/Radiologie

--> weitere Details siehe Brustzentrum

Ab 2015 wird die HPV-Impfung allen Jungen und jungen Männern im Alter von 11 bis 27 Jahren als ergänzende Impfung empfohlen. Männer haben ebenso häufig wie Frauen Genitalwarzen und erkranken in seltenen Fällen wegen HPV auch an Krebs. Deshalb sollen sie sich ebenfalls optimal schützen können.

Es gibt zwei verschiedene Impfstoffe gegen HPV: Beide schützen vor den HPV-Typen, die am häufigsten Gebärmutterhalskrebs und andere Krebsarten auslösen können (16 und 18), einer zusätzlich vor zwei Typen, die Genitalwarzen verursachen (6 und 11). Am sinnvollsten ist eine Impfung vor Beginn der sexuellen Aktivität und somit vor einer Infektion mit relevanten Viren. Für einen optimalen Schutz sind vor dem 15. Geburtstag zwei Injektionen im Abstand von sechs Monaten notwendig und ab dem 15. Geburtstag drei Injektionen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten. Das Ziel dieser Impfung besteht bei Frauen darin, pro Jahr rund 2000 chirurgische Eingriffe wegen Krebsvorstufen, 150 neue Fälle von Gebärmutterhalskrebs und 50 durch diese Krebsart verursachte Todesfälle zu verhindern.

Der Nutzen der Impfung ist am grössten, wenn sie vor den ersten sexuellen Erfahrungen abgeschlossen ist. Das BAG und die EKIF empfehlen die HPV-Impfung daher allen Jugendlichen im Alter von 11 bis 14 Jahren. Da HPV-assoziierte Erkrankungen bei Frauen häufiger vorkommen als bei Männern, wird die Impfung Mädchen als Basisimpfung und Jungen als ergänzende Impfung empfohlen. Auch für 15- bis 27-Jährige kann die HPV-Impfung Sinn machen, weshalb sie als Nachhol- bzw. ergänzende Impfung empfohlen wird.

11 bis 26 Jährige (Impfbeginn spätestens bis am Tag vor dem 27. Geburtstag) mit Wohnsitz im Kanton Luzern können im Rahmen des kantonalen Impfprogrammes bei einer berechtigten HPV-Impfärztin/einem berechtigten HPV-Impfarzt die Impfung kostenlos durchführen lassen.

Über das 27. Lebensjahr hinaus kann ein Antrag bei der Krankenkasse auf Kostenübernahme für eine Impfung gestellt werden.

Für die Impfung sollte der nonavalente Impfstoff Gardasil 9 verwendet werden.

Autor: Dr. S. Verta
Autorisiert: Dr. S. Verta
Version: 05.04.2023
Gültig bis: 05.04.2024