Sonographische Abortdiagnostik

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Erhöhtes Abortrisiko bei Uterusfehlbildung (RR Spontanabort bei Uterus septus 2.65 und bei Uterus bicornis 2.32).

Die geschätzte Rate der Spontanaborte beträgt etwa 31%, welche jedoch auf etwa 10% sinkt, wenn die wirklich nachgewiesenen (klinisch/laborchemisch) Frühschwangerschaften berücksichtigt werden. Spontane Aborte erfolgen meist aufgrund von Aneuploidien.

Habituelle Aborte (mind. 3 Frühaborte in Folge bis 20. SSW, Häufigkeit 1-3% aller Paare im reproduktiven Alter) haben hingegen eher maternale Ursachen und sind damit potenziell therapierbar. Die Abortrate ist stark altersabhängig und steigt zudem mit zunehmender Abort-Häufigkeit an:

  • → nach 1 Abort ~ 20%
  • → nach 2 Aborten ~ 30%
  • → nach 3 Aborten ~ 40%

Einzelheiten siehe Eintrag «Habituelle Aborte»:

Habituelle Aborte :: Obsgyn-Wiki

Allgemein/Physiologisch:

  • Sekretorische Umwandlung des Endometriums in der zweiten Zyklushälfte als Voraussetzung für eine erfolgreiche Konzeption:
    • Echoreich, homogen, Verlust des ovulatorischen Mittelechos
    • Endometriumdicke mit grosser Bandbreite individueller Abweichung

Hinweise auf einen präklinischen Abort bei positivem hCG:

  • Im Verlauf Abnahme der Endometriumdicke
  • Verlust der Echogenität

Allgemein:

  • Gilt als das erste sonographische Zeichen einer intrauterinen Frühschwangerschaft
  • Frühestens ab 2mm und ab 5 SSW darstellbar
  • Echoreiche Ringstruktur = Trophoblast-Saum
  • Messung: innen – innen (nur GS ohne Trophoblast-Saum) in 3 Ebenen

              entscheidend ist der mittlere GS-Durchmesser

 

Physiologisch:

  • Wachstum etwa 1mm/Tag bzw. 7mm/Woche
  • Initial rund, dann oval
  • Exzentrisch im hinteren oder vorderen Endometriumblatt lokalisiert (CAVE Unterscheidung zum Pseudogestationssack)

 

Hinweise auf Abort:

  • GS zu klein für die SSW, Wachstum < 1mm/d (cave auch bei Chromosomenanomalien möglich)
  • Grösse zwischen 16 und 24mm ohne nachweisbare embryonale Strukturen
  • Deformation
  • Atypische Lokalisation
  • Subchoriales Hämatom
  • «chorionic bump» (Protrusion des Chorions in den GS)

 

Sichere Abortzeichen:

  • GS-Durchmesser von >=25mm mit fehlenden embryonalen Strukturen

 

Der Gestationssack ist per se zur Bestimmung des Gestationsalters (GA) nur bedingt geeignet, maximal als Anhaltspunkt, bis zur sicheren Darstellung embryonaler Strukturen.

Allgemein:

  • Exzentrisch gelegen, echogener Ring im GS, gelegentlich lassen sich sehr früh auch nur zwei parallele Linien darstellen
  • Frühestens in der 5 ½ SSW darstellbar
  • Messung: aussen – aussen

 

Physiologisch:

  • Initial etwa 2mm im Durchmesser
  • Grössenzunahme bis max. 7mm in der 8. SSW
  • Ab 10.-12. SSW nicht mehr nachweisbar

 

Hinweise auf Abort:

  • YS zu gross / deutlich zu klein / entrundet → Anhalt für Abort / Chromosomenstörung

Allgemein/Physiologisch:

  • Nachweisbar ab SSL 1-2mm und ab 6 SSW, als initial direkt dem YS anliegende „Verdickung“
  • Etwa ab der 7. SSW dann C-förmig
  • Messung: mittsagittaler Schnitt, vom kranialen zum kaudalen Pol, möglichst neutrale Position des Embryos
  • Initial wird zunächst die Gesamtlänge und nicht die SSL gemessen, da die Extremitäten noch nicht entwickelt sind
  • SSL → Festlegung des GA auf +/- 5 Tage

Allgemein:

  • Messung ca. ab der 9. SSW möglich, allerdings ungenauer als die SSL
  • Verwendung zur Festlegung des GA immer ab einer SSL von > 84mm
  • BIP → Festlegung des GA auf +/- 8 Tage.

Allgemein/Physiologisch:

  • Frühestens nachweisbar ab einer SSL von 2mm (bzw. in der Regel ab dem Zeitpunkt, wo der Embryo sichtbar ist)
  • Spätestens nachweisbar bei einer SSL von 7mm oder GS 20mm

 

Hinweise auf Abort:

  • Bradykardie: Herzfrequenz < 100 bpm in der 5.-7. SSW
  • SSL < 7mm und keine HA

 

Sichere Abortzeichen:

  • Verlust der Herzaktion nach initial darstellbarer Herzaktion
  • fehlende Herzaktion >= 7mm SSW

Allgemein:

  • nicht alle Frühschwangerschaften entwickeln sich bis GS 25mm oder SSL 7mm
  • somit braucht es auch andere sichere Ultraschall-Kriterien zur Diagnose eines Abortes

 

Physiologisch:

  • Zeitlicher Ablauf von Ereignissen in der Frühschwangerschaft:
    • GS ab 5 SSW
    • YS ab 5 ½ SSW
    • Embryo mit HA ab 6 SSW
    • Variation ± ½ Woche

 

Hinweise auf Abort:

  • Z.B. GS ohne YS und 7-13 Tage später kein Embryo mit HA
  • Weitere siehe: Findings suspicious for, but not diagnostic of, pregnancy failure (Tab. 2)

 

Sichere Abortzeichen:

  • GS ohne YS und >= 2 Wochen später kein Embryo mit HA
  • GS mit YS und >= 11 Tage später kein Embryo mit HA

Quelle: Doubilet PM et al. Diagnostic criteria for nonviable pregnancy early in the first trimester. N Engl J Med. 2013 Oct 10;369(15).

 

Grundsätzlich muss man sagen, dass das Anwenden solcher diagnostischen Kriterien primär für ein Setting gedacht ist, in dem möglichst wenig ärztliche Konsultationen stattfinden sollen.

In den seltensten Fällen eilt die Zeit, die Diagnose zu stellen und die entsprechende Therapie einzuleiten.

Somit besteht in unserem Setting, insbesondere bei dringendem Kinderwunsch, der Grundsatz:

 

Keine übereilten Entscheidungen treffen!

Grusszügig nochmals eine Kontrolle in 1 Woche vereinbaren.

Zur korrekten Einteilung und Nomenklatur je nach Schwangerschaftslokalisation siehe Eintrag «Terminologie und Management der Früh-Schwangerschaft»:

Terminologie und Management der Früh-Schwangerschaft :: Obsgyn-Wiki

 

Zur Einleitung einer entsprechenden Therapie bei Abort siehe Eintrag «Medikamentöse Therapie bei Abort im 1. Trimenon»:

Medikamentöse Therapie bei Missed Abortion :: Obsgyn-Wiki

 

Weiterführende Informationen zum Thema «EUG» unter «Ektope Schwangerschaft und Management»:

Ektope Schwangerschaft und Management :: Obsgyn-Wiki

  • American College of Obstetricians and Gynecologists' Committee on Practice Bulletins. ACOG Practice Bulletin No. 200: Early Pregnancy Loss. Obstet Gynecol. 2018;132(5):e197.
  • AWMF-S2k-Leitlinie. Diagnostik und Therapie von Frauen mit wiederholten Spontanaborten. August 2022.
  • Doubilet PM, Benson CB, Bourne T, Blaivas M; Society of Radiologists in Ultrasound Multispecialty Panel on Early First Trimester Diagnosis of Miscarriage and Exclusion of a Viable Intrauterine Pregnancy; Barnhart KT, Benacerraf BR, Brown DL, Filly RA, Fox JC, Goldstein SR, Kendall JL, Lyons EA, Porter MB, Pretorius DH, Timor-Tritsch IE. Diagnostic criteria for nonviable pregnancy early in the first trimester. N Engl J Med. 2013 Oct 10;369(15):1443-51. doi: 10.1056/NEJMra1302417. PMID: 24106937.
  • Shuchi KR et al. Normal and abnormal US findings in early first trimester pregnancy: Review of the Society of Radiologists in Ultrasound 2012 Consensus Panel Recommendations. RadioGraphics 2015; 35:2135–2148.
  • Venetis CA et al. Clinical implications of congenital uterine anomalies: a meta-analysis of comparative studies. Reprod Biomed Online 2014. 29:665.
  • Von Wolff. Habituelle Aborte – Diagnostik und Therapie. Gynäkologie 01/2013; 14-20.
  • Yousaf A et al. Chorionic bump radiologic features and pregnancy outcomes. Cureus 2020 12(11): e11480.

Autor: Dr. Julia Goldstein
Autorisiert: Dr. Stephanie Verta
Version: 20.04.2023
Gültig bis: 20.04.2024