Adnexitis

Pelvic Inflammatory Disease

Inhaltsverzeichnis

PID (pelvic inflammatory disease) = Endomyometritis, u./o. Salpingitis, u./o. Adnexitis, u./o. Tuboovarialabszess u./o. pelvine Peritonitis

  • Chlamydia trachomatis
  • Neisseria gonorrhoeae
  • Mycoplasma genitalium (zunehmend relevant)
  • gramnegative Keime (H. influenza, Enterobacteriaceae wie E. coli)
  • Anaerobier
  • Streptokokken (u.a. Streptokokken A)
  • Mycoplasma hominis
  • Ureaplasma urealyticum, Ureaplasma parvum

Vitalparameter messen

Labordiagnostik

Hg1 und CRP, bei septischen Patientinnen präoperatives Labor inkl. Gerinnung und Blutgruppe, ggf. Blutkulturen

SST im Urin

 

Abdomenpalpation

Hinweise auf akutes Abdomen?

 

Spekulum-Einstellung

  • Fluor Farbe und Konsistenz beurteilen, Erdbeerzervix
  • Abstrichentnahme:
    • Chlamydia trachomatis und Neisseria gonorrhoeae DNA                zervikal
    • Mycoplasma/Ureaplasmen PCR
    • allgemeine vaginale Bakteriologie (Kultur)

--> CAVE: negative Abstrichresultate schliessen eine PID nicht aus!

  • Nativbeurteilung (Leukorrhoe: das Fehlen von Leukozyten                      vaginal/cervikal hat einen guten negativen prädiktiven Wert von              95%; aber nicht spezifisch, schlechter positiver prädiktiver Wert              von -17%), KOH-Test

 

Bimanuelle Untersuchung

 PSS? Raumforderung oder Druckdolenz der Adnexlogen? Immobiler Situs?

 

TVUS

Hinweise auf Tuboovarialabszess, tubare Hyperämie, freie (verdickte) Flüssigkeit, IUD in situ?

Aufgrund der möglichen langfristig negativen Auswirkungen einer Adnexitis/PID (z.B. Adhäsionen mit erhöhtem Risiko für EUG, Infertilität und chronic pelvic pain) sollte schon bei geringem Verdacht, vor allem bei jungen, 0-P, Patientinnen empirisch mit einer antibiotischen Therapie gestartet werden.

  • Immer, wenn möglich, ambulantes Management anstreben
  • Voraussetzung: Patientin in gutem Allgemeinzustand
  • Klinisch und laborchemische Verlaufskontrolle nach 2 Tagen

Ambulantes Therapieschema  (Evidenzlevel 1a, A)

Ceftriaxon

i.m. oder i.v.

1000mg

Einmaldosis

Doxycyclin

p.o.

2x/d 100mg

14 Tage

Metronidazol

p.o.

3x/d 500mg

14 Tage

Alternatives, ambulantes Therapieschema (Evidenzlevel 1a, A); vor allem bei  Nachweis von M. genitalium

Moxifloxacin

p.o.

1x/d 400mg

14 Tage

  • CAVE M. genitalium ist bekannt dafür, dass es rasch Antibiotika-Resistenzen entwickelt
  • In der Schwangerschaft soll Doxycyclin durch Azithromycin 1.5g einmalig mit Wiederholung nach einer Woche ersetzt werden
  • Bei Chlamydien oder Gonokokken PID: Kontrollabstrich nach 2-3 Monaten (beim Gynäkologen)
  • Kondome benutzen, bis antibiotische Therapie abgeschlossen ist

Kriterien für stationäres Management

Schwangerschaft, Übelkeit und Erbrechen, schweres Krankheitsgefühl (Fieber, Gliederschmerzen, starke Unterbauchschmerzen), Sepsiszeichen, Tuboovarial-Abszess ab 9cm, akutes Abdomen, therapierefraktäre ambulante Behandlung.

Stationäres Therapieschema der empirischen antibiotischen Therapie (Evidenzlevel 1a, A)

Ceftriaxon

i.m. oder i.v.

1000mg

Einmaldosis, ggf. längere Therapiedauer bei schwerem Verlauf erwägen (1000mg/24h)

Doxycyclin

p.o.

(wenn immer möglich oral bei häufig lokalen Schmerzen und hohem Risiko für Thrombophlebitis bei i.v.-Gabe)

2x/d 100mg

bis insgesamt 14 Tage

Metronidazol

i.v.

3x/d 500mg

initial i.v. bis ca. 48h afebril (falls bei Eintritt afebril, schon initial p.o.)

Metronidazol

p.o.

3x/d 500mg

Für insgesamt 14 Tage

Stationäres Therapieschema bei Penicillinallergie

Doxycyclin

p.o. falls möglich

2x/d 100mg

14 Tage

Metronidazol

p.o. oder i.v.

3x/d 500mg

14 Tage

Bei Penicillin-Allergie und stationärem Management sehr grosszügig Rücksprache mit Dienstarzt Infektiologie. Bei Nachweis von N. gonorrhoeae zwingend notwendig.

Isolierte Antibiotische Therapie für folgende Patientinnen möglich

  • hämodynamisch stabil
  • keinen Anhalt für rupturierten Abszess (insbesondere kein akutes            Abdomen, keine Sepsis-Zeichen)
  • Abszess-Durchmesser <9cm
  • prämenopausal
  • adäquates Ansprechen auf die antibiotische Therapie

 

Operative Therapie

Indikation zu stellen, wenn:

  • Vd. a. Ruptur (akutes Abdomen)
  • Sepsis-Zeichen (Tachykardie, Hypotonie, Tachypnoe, Azidose)
  • wenn Kriterien für konservatives Management des Abszesses nicht          erfüllt sind

 

Beachte:

  • die meisten Frauen mit Abszess benötigen eine Laparoskopie
  • Grundsätzlich soll eine Patientin, sofern klinisch vertretbar, für                 mindestens 24 Stunden, besser 48h, antibiotisch anbehandelt                werden, bevor eine Operation geplant wird
  • Operation wenn möglich geplant im Tagesverlauf machen, nicht im          Dienst, da es eine sehr anspruchsvolle Operation sein kann

 

Vorgehen:

  • Laparoskopie: CAVE, ev. ist mit Verwachsungen, sicher aber                    vulnerablem Gewebe zu rechnen, daher ist ein offenes Eingehen            empfohlen
  • Inspektion Oberbauch: Hinweise auf Fitz-Hugh-Curtis
  • Inspektion Appendix: Hinweis auf Begleitappendizitis? --> ggf kann        Appendektomie sinnvoll sein
  • Aufsuchen des Abszesses, das kann manchmal schwierig sein, es        lohnt sich ein Rumi-Manipulator (ohne Portiokappe) und ggf eine              transrektalsonographische Darstellung der Abszesshöhle(n)
  • wenn möglich keine Adhäsiolyse, nur wo nötig, um den Abszess zu          erreichen
  • Abszesseröffnung, Abstrichentnahme und ausgiebiges Spülen                (mehrere Liter; Keimreduktion!)
  • Einlage Easy flow Drainage in den Douglas

Nach Erhalt der Abstrichresultate sollte die antibiotische Therapie resistenzgerecht angepasst werden.

Bei Nachweis einer STD ist auch immer eine HIV- und Lues-Serologie sowie die Überprüfung des Hepatitis B-Impfstatus empfohlen.

Erreger

Therapie 1. Wahl

Alternative Therapie

Chlamydia trachomatis

Doxycyclin 2x100mg p.o.

Asymptomatisch: 7 Tage

PID: 14 Tage

LGV: 21d

Azithromycin 1x1g p.o. (Einmaldosis)

Therapie der Wahl in der Schwangerschaft/Stillzeit oder bei schlechter Compliance

Neisseria gonorrhoeae

(CAVE Meldepflicht)

Ceftriaxon 1x1000mg i.v. Einmaldosis

Azithromycin 1x2g p.o. (nach Resistenztestung)

Bei gleichzeitiger Infektion von Chlamydia trachomatis und N. gonorrhoeae

Ceftriaxon 1000mg i.v. Einmaldosis plus

Azithromycin 1g p.o. einmalig

 

M. genitalium

(CAVE rasche Resistenzentwicklung)

Azithromycin 500mg p.o. Tag 1 und 250mg Tag 2-5

Moxifloxacin 400mg p.o. für 7-10 Tage

 

 

U. Urealyticum

U. parvum

M. hominis

Doxycyclin 100mg 2xtgl p.o. für 7 Tage

Clarithromycin 500mg 2xtgl p.o. für 7 Tage

Azithromycin 1500mg p.o. Einmaldosis in der Schwangerschaft (CAVE Therapieversagen bei M. hominis bei intrinsischer Makrolid-Resistenz)

Es sollten alle Geschlechtspartner der letzten 60 Tage mitbehandelt werden, um eine Reinfektion zu vermeiden.

Erreger

Therapievorschlag

Chlamydia trachomatis

Doxycyclin 100mg 2xtgl für 14 Tage p.o.; oder Azithromycin 1g Einmaldosis (Compliance!) p.o.

M. genitalium

Moxifloxacin 400mg/d für 14 Tage p.o.

Neisseria gonorrhoeae

Ceftriaxon 1000mg i.v.

(beim Hausarzt)

In der Literatur gibt es keine klare Unterscheidung zwischen Mirena und Cu-IUD bezüglich Adnexitis. Somit gelten nach aktueller Evidenz die folgenden Empfehlungen für beide Arten von IUD:

  • Aufklärung über ein leicht erhöhtes Risiko einer PID in den ersten 20 Tagen nach IUD-Einlage (II-2A)
  • Alle Frauen sollten anamnestisch über ihre Krankengeschichte und soziale Hintergrund, Partnerschaft befragt werden. Zudem sollten sie vaginal untersucht werden und je nach Risikoprofil und in Rücksprache mit der Patientin sollte ein Abstrichresultat über Chlamydien und Gonokokken durchgeführt werden. Abstrichergebnis muss jedoch nicht abgewartet werden (II-2B)
  • Bislang gibt es keine Evidenz, eine asymptomatische Patientin routinemässig für eine bakterielle Vaginose zu screenen. (II-2C)
  • Routinemässige Antibiotikaprophylaxe im Rahmen der IUD-Einlage wird nicht empfohlen.
  • Standardvorgehen: vaginale Desinfektion vor Einlage und steriles Arbeiten (III-C)
  • Milde bis moderate PID ist KEINE Indikation die IUD zu entfernen, ausser die Patientin wünscht dies oder es stellt sich keine Besserung nach 72h korrekter Antibiotikatherapie ein. In schweren Fällen oder fehlender Besserung nach 48h sollte sich eher für eine Entfernung entscheiden. (I-B)
  • IUD ist eine sichere Verhütungsmethode für HIV-positive Patientinnen. (I-B)
  • Eine IUD ist eine first-line Verhütungsmethode für Adoleszente. (I-A)

AWMF S2k Leitlinie 059 – 006 Sexuell übertragbare Infektionen (STI)

Greenstein Y, Shah AJ, Vragovic O, et al (2013) Tuboovarian abscess. Factors associated with operative intervention after failed antibiotic therapy. J Reprod Med 58:101–106

Caddy S et al. Best practices to minimize risk of infection with intrauterine device Insertion. J Obstet Gynaecol Can. 2014 Mar; 36 (3): 266-76

Ross, J., Guaschino, S., Cusini, M., & Jensen, J. (2018). 2017 European guideline for the management of pelvic inflammatory disease. International Journal of STD & AIDS, 29(2), 108–114. https://doi.org/10.1177/0956462417744099

Antibiotic Stewardship am LUKS

Barik K, Arya PK, Singh AK, Kumar A. Potential therapeutic targets for combating Mycoplasma genitalium. 3 Biotech. 2023 Jan;13(1):9. doi: 10.1007/s13205-022-03423-9. Epub 2022 Dec 15. PMID: 36532859; PMCID: PMC9755450.

Autor: Dr. S. Verta
Autorisiert: Dr. S. Verta
Version: 12.04.2023
Gültig bis: 12.04.2024