Impfungen rund um Schwangerschaft und Stillzeit
23.08.25 - Aktualisiert und NEU mit RSV. Gez. JKO
30.04.22 - Impfplan 2022 angepasst, praekonzeptionell an Hep B denken, bei St.n. Triviraten kein Schutz gegen Mumps
06.03.20 - Anpassung Links Impfplan 2020
08.06.17 - Flyer HPV-Impfung entfernt
06.06.17 - Flyer Masern Keuchhusten Broschüre HPV Impfung
01.04.17 - Impfplan 2017 und aktuelles Factsheet für Schwangere hinterlegt + neue Impfempfehlung Pertussis
- Allgemeines
- Link ins Internet
- Besonders beratungsrelevante Impfungen
- Kontraindikationen für Impfungen
- Lebendimpfstoffe allgemein
- Totimpfstoffe allgemein
- Impfberatung präkonzeptionell
- Pertussis
- Influenza (saisonale Grippe)
- Masern / Mumps / Röteln (MMR)
- Varizellen
- RSV
- Kombination von Impfungen
- Wochenbett / Stillzeit
- Umfeld von Frühgeborenen
Allgemeines
- Schutz vor Infektionskrankheiten hochrelevant für Mutter und Kind
- Infektionen führen bei Schwangeren und Neugeborenen zu schwereren Verläufen als beim gesunden Erwachsenen, auch "gewöhnliche" Kinderkrankheiten können beim Säugling tödlich verlaufen, intrauterine Infektionen können schwere fetale Schädigungen verursachen
- Nestschutz ist bereits praepartal anzustreben
- "cocooning" = Impfung der Umgebung in der Schwangerschaft nicht vergessen
- Beratungsgrundlage ist der aktuelle Impfplan des BAG
Link ins Internet
BAG Schweizerischer Impfplan 2025 siehe insbes. ab Seite 34
Informationsblatt für Schwangere: Factsheet BAG Stand August 2020
Besonders beratungsrelevante Impfungen
Für Frauen im reproduktiven Alter:
- Masern
- Varizellen
- Pertussis
- Influenza
- Röteln
- Hepatitis B
Kontraindikationen für Impfungen
- Zu den jeweiligen Einzelimpfungen: siehe www.compendium.ch
- St.n. ungewöhnlich starker Reaktion auf eine frühere Impfung
- Allergie auf einen Inhaltsstoff
- Lebendimpfstoffe: Schwangerschaft, Immunsuppressiva, Immunschwäche
- Akute febrile (>38.5°C)oder non-febrile Erkrankung (Impfung verschieben)
Lebendimpfstoffe allgemein
- z.B. Mumps, Masern, Röteln, Varizellen, Gelbfieber, Typhus (Typhus: perorale Impfung = Lebendimpfstoff)
- Impfung mit Lebendimpfstoffen soll während der ganzen Schwangerschaft vermieden werden.
- Nach einer Impfung mit Lebendimpfstoff soll eine Schwangerschaft sicher mindestens 1 Monat verhindert werden.
- Versehentliche Impfung mit einem Lebendimpfstoff perikonzeptionell oder während Schwangerschaft ist keine Indikation für Interruptio aber für eine Beratung im Spezialultraschall!
Totimpfstoffe allgemein
- z.B. Influenza, Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hepatitis A und B, FSME, Meningokokken, Polio, RSV
- Für Totimpfstoffe stellt eine Schwangerschaft keine Kontraindikation dar
- Impfung aber möglichst nur im 2./3. Trimenon
- Je nach Indikation und (Expositions-)Risiko sollte eine Impfung grundsätzlich erfolgen, wenn die möglichen Vorteile die möglichen Risiken für den Fötus überwiegen (Nutzen-Risiko-Analyse).
Impfberatung präkonzeptionell
- Impfbüchlein mitbringen lassen / kontrollieren
- Anamnese: Varizellen oder andere Erkrankungen gehabt?
- Nur sicher dokumentierte Impfungen zählen!
- Impfen ist Leistung der obligaten Krankenversicherung, wenn ausgeführt wie im Impfplan empfohlen (ggf. vorbehaltlich Franchise und Selbstbehalt)
- Etwaige Impfungen des Partners über den Hausarzt empfehlen
- Relevante Impfungen: Masern, Mumps, Röteln, Keuchhusten, Varizellen, saisonale Grippe, Hepatitis B
- wenn geimpft wird: vor Lebendimpfung ein Schwangerschaft ausschliessen und Antikonzeption für 1 Monat danach empfehlen!
Pertussis
- Empfehlung BAG 2017:
- Empfehlung BAG bis 2016: Impfung in Schwangerschaft empfohlen, wenn die letzte Auffrischimpfung oder nachgewiesene Pertussisinfektion der Schwangeren > 5 Jahre zurückliegt.
- Impfung für Kindsvater und andere direkte Kontaktpersonen empfohlen, wenn letzte Impfung >10 Jahre her ist!
- Schutz insbesondere für das Neugeborene!
- nur erhältlich als trivalenter (Tot-)Impfstoff Diphterie, Pertussis, Tetanus (oder als tetravalenter Impfstoff (+Polio))
- Zeitpunkt 2./3. Trimenon, empfohlen aber "vorzugsweise 2. Trimester" (BAG) = 13.-26. SSW!
- Impfen in Schwangerschaft viel besser als postpartal! (Nestschutz)
- Impfstoff: 1 Dosis BOOSTRIX Inj. Susp. 1 Fertigspritze 0,5ml i.m.
Diphtherie-, Tetanus-, azellulärer Pertussis-Adsorbatimpfstoff (dTpa) - UAW: lokale Reaktion (Rötung, Schwellung, Schmerzen an Einstichstelle), Müdigkeit, Kopfschmerzen, sehr selten Fieber. Schwere Reaktionen (z.B. Schock extrem selten)
Influenza (saisonale Grippe)
- Problem der Influenza: bei Schwangeren mit Influenzainfektion schwere Atemwegsinfektionen möglich, insbesondere bei Erkrankung im 2./3. Trimenon und im 1. Monat postpartal
- Für Schwangere empfohlen ab ca. Mitte Oktober bis Ende Grippeepidemie
- Impfung für Kindsvater und andere direkte Kontaktpersonen ebenso empfohlen
- Bei erhöhter gesundheitlicher Anfälligkeit wegen eines Grundleidens (Asthma, Diabetes etc. bereits vor 13. SSW, alle anderen ab dem 2. Trimenon.
- CAVE: Kontraindikation bei Hühnereiweissallergie
- Impfstoff je nach Jahr unterschiedlich, siehe aktuelle Mitteilung Apotheke
(Influenza, inaktiviert, Spalt/Split Virus oder Oberflächen-Antigen) - UAW: lokale Reaktion (Rötung, Schwellung, Schmerzen an Einstichstelle), Müdigkeit, Kopfschmerzen, sehr selten Fieber. Schwere Reaktionen (z.B. Schock extrem selten)
Masern / Mumps / Röteln (MMR)
- Lebendimpfstoff! => keine Impfung in der Schwangerschaft, Impfen präkonzeptionell oder möglichst bald im Wochenbett
- Vor Impfung Schwangerschaft ausschliessen! Zyklusanamnese und HCG i.U.! Nicht impfen, wenn in diesem Zyklus eine Konzeption möglich wäre.
- bis mind. 1 Monat nach letzter Impfung verhüten
- Im Gegensatz zu Varizellen ist die Anamnese auf durchgemachte Masern / Mumps / Röteln nicht aussagekräftig (unsicheres klinisches Bild)
- Röteln: bei zwei dokumentierten Impfungen ist von einem Immunschutz auszugehen und keine Impfung oder Serologie empfohlen (BAG 2006)
- Ausnahme Mumps: mit Triviraten® geimpft (Mumps: Rubinistamm): kein Immunschutz gegen Mumps: postpartale (!) Nachholimpfung nötig / empfehlen
- Impfstoff:
MMRVAXPRO Trockensub c Solv, 1 Dosis = 1 Fertigspritze, i.m.
MMR Situation 1: Präkonzeptionelle Impfung:
- Keine Serologie bestimmen
- Falls die Frau überhaupt keine dokumentierte MMR-Impfung erhalten hat
=> 2 Impfdosen im Abstand von mindestens 4 Wochen - Falls die Frau nur eine dokumentierte Impfung erhalten hat
=> 1 Impfdosis
MMR Situation 2 : Schwangere Frau
- Check Status bei erster Schwangerschaftskontrolle
- Falls die Frau keine dokumentierte MMR- oder Röteln- und Masernimpfung erhalten hat:
- Serologie Röteln und Masern IgG
- wenn Serologie negativ: 2 postpartale (!!) Impfungen im Abstand von mind. 4 Wochen empfehlen
- Falls die Frau eine dokumentierte MMR- oder Röteln- und Masernimpfung erhalten hat:
=> keine Serologie, eine MMR-Impfung postpartal empfehlen - Falls die Frau zwei dokumentierte Dosen einer MMR-Impfung erhalten hat:
=> keine Serologie, keine Impfung
Flyer für Schwangere: Masern und Keuchhusten
Varizellen
- Lebendimpfstoff! => keine Impfung in der Schwangerschaft, Impfen präkonzeptionell oder möglichst bald im Wochenbett
- Vor Impfung Schwangerschaft ausschliessen! Zyklusanamnese und HCG i.U.! Nicht impfen, wenn in diesem Zyklus eine Konzeption möglich wäre. bis mind. 1 Monat nach letzter Impfung verhüten
- Impfstoff:
Varivax Inj. Susp. 1 Fertigspritze 0.5 ml (Varizellen-Lebendimpfstoff, abgeschwächt) i.m. oder s.c.
Varizellen Situation 1 : präkonzeptionelle Impfung
- Kontrolle Impfbüchlein und Anamnese (sehr verlässlich)
- Falls keine sichere Varizellenanamnese und/oder keine zwei dokumentierte Impfungen:
=>Varizellen-IgG-Serologie
=>Wenn negativ: 2 Impfungen im Abstand von 4 Wochen
Varizellen Situation 2 : Schwangere Frau
- Falls keine sichere Varizellenanamnese und keine Impfung erhalten:
=> Varizellen-IgG-Serologie
=> Wenn negativ: Aufklärung Expositionsprophylaxe und zwei Impfungen postpartal empfehlen - Falls eine Varizellenimpfung dokumentiert ist
=> Varizellen-Serologie abnehmen und eine Impfung postpartal empfehlen - Falls zwei Varizellenimpfungen dokumentiert sind:
=> Serologie nur bei Exposition in der Schwangerschaft abnehmen - Falls sichere Varizellenanamnese:
=> Serologie nur bei Exposition in der Schwangerschaft abnehmen
RSV
Prinzipien
- Betrifft Geburten vom 01.10. bis zu 31.03. = "RSV-Saison"
- Alle Schwangeren und Wöchnerinnen sollen über Möglichkeit der Prävention einer kindlichen RSV-Infektion aufgeklärt werden
- Frühgeborene bekommen immer die Empfehlung zur passiven Immunisierung. Ansonsten kann entweder die Mutter aktiv geimpft werden oder das Neugeborene passiv immunisiert werden = Entscheid der Eltern.
- Aktive Impfung und passive Immunisierung: neu beides Leistung der OKP.
- Die aktive Immunisierung der Mutter erfolgt zwischen der 32+0 und 36+0 SSW.
Kurz: Infos zur Bedeutung der RSV-Prävention
- RSV-Bronchiolitis sehr relevante Erkrankung mit schwereren Verlaufsformen bei Frühgeborenen, Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern aufgrund deren relativ "engeren" Bronchiolen.
- In jedem Jahr erkranken ca. 30% der Kinder <2 Jahre an RSV.
- In jedem Jahr werden 2-3% der Säuglinge <1 Jahr wegen RSV hospitalisiert.
- Eine natürliche RSV-Infektion hinterlässt keine ausreichende bleibende Immunität.
- Immunisierung und Impfung reduzieren sehr deutlich die Rate an schweren Krankheitsverläufen (siehe unten).
Aktive Immunisierung der Mutter
- ABRYSVO Trockensub 120 mcg c Solv (iH 11/24)
- Link Compendium
- Bivalenter RSV PreF-Impfstoff (Totimpfstoff)
- Nicht gemeinsam mit Pertussis impfen.
- Einmalgabe zwischen 32+0 und 36+0 SSW
- Muss für ausreichenden Schutz des Neugeborenen mindestens 14 Tage vor Geburt gegeben werden
- Bei Frühgeburten oder weniger als 14 Tage Intervall Gabe-Geburt: passive Immunisierung des Neugeborenen empfohlen
- Aus klinischen Phase-3-Studien: Impfung reduziert Häufigkeit schwerer kindlicher RSV-Infektionen um
- 82% binnen der ersten 3 Lebensmonaten
- 69% binnen der ersten 6 Lebensmonate
- UAW: Schmerzen an Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Muskelschmerz, Übelkeit. In der Erprobungsstudie zeigte sich eine statistisch nicht signifikante Häufung von Frühgeburten (5.7% vs 4.2 % Placeboarm). Daher Gabe erst ab 32+0 SSW.
- Aufklärung: ärztliche Aufgabe, strukturiert beim III. Screening oder bei der 36. SSW-Kontrolle
Passive Immunisierung des Neugeborenen
- BEYFORTUS Inj Lös 50 mg/0.5ml 2 Nadeln (iH 08/24)
- Link Compendium
- Link KiSpi-Wiki: Beschreibung Ablauf MuKi-Abteilung
- Link KiSpi-Wiki: Beschreibung Ablauf Neonatologie
- Link Homepage KidZ: Infos für Eltern
- Monoklonaler Antikörper gegen das F-Protein des RSV
- Lange HWZ = Schutz für gesamte RSV-Saison
- Reduziert Anzahl an kindlichen Hospitationen wegen RSV um 80-90%
- UAW: Hautausschlag, Fieber, Reaktion an Injektionsstelle (<1%), schwere allergische Reaktionen "sehr selten
Ressourcen
Infovac.ch - Infos zu RSV - auch für Patientinnen geeignet
Kombination von Impfungen
- MMR- , Varizellen- und DTP-Impfungen können gleichzeitig verabreicht werden, müssen aber an verschiedenen Stellen injiziert werden
- RSV (aktive Immunisierung, Abrysvo) nicht gleichzeitig mit Pertussis!
Wochenbett / Stillzeit
- Überprüfen: Impfschutz gegen MMR, Pertussis, Varizellen, saisonale Grippe
- Falls kein sicherer Immunschutz (siehe oben): Impfen whd. stat. Aufenthalt oder beim HA empfehlen
- Alle oben erwähnten Impfungen ohne Einschränkungen erlaubt.
- Cave Ausnahme: Gelbfieber => Gefahr einer Meningoencephalitis beim Kind aber CAVE: Impfung Gelbfieber in der CH nur über Tropenmediziner erlaubt!
Umfeld von Frühgeborenen
Spezielle Impfempfehlung, siehe Impfplan BAG 2025, S. 36, Tabelle 7