Knochengesundheit unter endokriner Therapie

Inhaltsverzeichnis

Bisphoshonate und Denosumab

Grundlagen

Substanzen zur Behandlung metabolischer Knochenerkrankungen. Senologisch relevante Indikationen umfassen die Therapie osteolytischer Knochenmentastasen des Mammakarzinoms sowie die postmenopausale und Aromatasehemmer-induzierte Osteoporose.

Wirkweise über Reduktion des Knochenumsatzes und überproportionale Abnahme der Knochenresorption im Vergleich zur Abnahme der Knochenneubildung, aus der Ein Nettozuwachs der Knochenmasse resultiert.

Bisphosphonate

Starke Affinität zum Hydroxyapatit des Knochens.

Inaktivierung von Osteoklasten und Verkürzung deren Lebensdauer.

Schlechte Resorption, Bioverfügbarkeit bei oraler Gabe substanzabhängig 0.5-10%. Weitere drastische Reduktion durch gleichzeitige Aufnahme von Nahrung oder Getränken (ausser Leitungswasser). Renale Elimination.

Denosumab

Humaner monoklonaler Antikörper, der im Knochenstoffwechsel die Effekte von Osteoprotegerin (OPG) imitiert.

Mit hoher Affinität Bindung an RANKL, ein durch Osteoblasten gebildetes Protein, welches durch Steuerung der Signalübertragung zu den Osteokalsten einen primären Mediator des Knochenabbaus darstellt. Durch Bindung des Rezeptors RANK an RANKL wird die Osteoklastenaktivität erhöht. Durch die Bindung von OPG an RANKL wird dessen Interaktion mit RANK blockiert, was die Steuerung der Intensität und Dauer der Osteoklastenfunktion ermöglicht.

Denosumab hemmt die Osteoklasten-Aktivität stärker als die meisten Bisphosphonate. Unter Langzeitbehandlung tritt so ein anhaltender Anstieg der Knochendichte auf. Im FREEDOM-Trial wurde ein Anstieg der Knochendichte nach 10 Jahren von 21% an der LWS und 9% im Hüftbereich nachgewiesen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den Bisphosphonaten, bei denen die Knochendichte nach 5 Jahren nicht mehr weiter ansteigt.

Antitumorwirkung

In Studien (z.B. ABCSG 18) konnte für postmenopausale Frauen unter der Therapie mit Aromatashemmern bei hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom ein signifikanter Einfluss der Gabe von Denosumab auf das krankheitsfreie Überleben gezeigt werden.


Dosierung

Bisphosphonate

Nicht-Aminobisphosphonate

Clodronat p.o. 1600 mg/Tag (Bonefos®)

Aminobisphosphonate

Zoledronat i.v. 4 mg/ 6 Monate (Zometa®)

Ibandronat p.o. 50 mg/ Tag (Bondronat®)

Pamidronat i.v.

Risedronat p.o. 35 mg/ Woche (Actonel®)

Alendronat p.o. 70 mg/ Woche (Fosamax®)


Denosumab

Denosumab s.c. 60 mg/ 6 Monate (Prolia®)

Denosumab s.c. 120 mg/ Monat (Xgeva®)


Zulassung in der Schweiz (senologisch relevant)

Clodronat, Zoledronat, Ibandronat, Pamidronat: Behandlung von Knochenmetastasen

Risedronat: Behandlung der Osteoporose

Alendronat: Behandlung der Osteoporose, Osteoporose-Prophylaxe unter Glukokortikoid-Einnahme

Xgeva: Behandlung von Knochenmetastasen

Prolia: Behandlung der Osteoporose in der Postmenopause, Begleitbehandlung zur Prävention des Knochenmasseverlusts bei Brustkrebspatientinnen unter endokriner Therapie, Behandlung von Knochenmetastasen


Behandlungsdauer

Die optimale Behandlungsdauer einer adjuvanten Gabe von BP und D muss noch definiert werden. In Studien üblicherweise 2-5 Jahre.


Nebenwirkung und Toxizitäten

  • Nierenfunktionsstörungen (iv. Amino-BP)
  • Kieferosteonekrose (ONJ)
    • iv. Bisphosphonate 1.3%
    • Denosumab 1.8%
  • Hypokalzämie (Denosumab > BP)
  • Akute Phase-Reaktion 10-30%
  • gastrointestinale Nebenwirkungen (orale BP) 2-10%
  • atypische Femurfrakturen (absolutes Risiko 11/100.000 Personenjahre mit BP)
  • Rebound Effekt mit multiplen Wirbekbrüchen nach Therapieende (Denosumab)


Kieferosteonekrose (ONJ)

avaskuläre Kieferknochennekrose

Ursache noch unklar, vermutlich durch Interaktion mit Knochenstoffwechsel, dentoalveoläre Traumen und infektiöse Einflüsse bedingt

Auftreten zu 2/3 im Unterkiefer und 1/3 im Oberkiefer

Prävention

  • Zahnsanierung vor Therapiestart
  • Vermeidung elektiver Zahnbehandlungen mit Manipulation am Kieferknochen (ggf. Antibioseprophylaxe (CoAmoxicillin, Clindamycin, Metronidazol))
  • Vermeidung von Zahneingriffen 6-8 Wochen nach Gabe von BP oder D
  • Vermeidung von chronischen Druckstellen bei Prothesenträgern
  • Information der Patientin und Instruktion über Frühsymptome (Druckgefühl, dumpfer Schmerz im Kiefer)
  • bei hohem Risiko Anwendung oraler Bisphosphonate
  • gute Zahnhygiene
  • Nikotinverzicht
  • allenfalls mässiger Alkoholkonsum


    Rebound Effekt mit multiplen Wirbelbrüchen nach Beendigung der Denosumab-Therapie

    Grundlage

    Im Gegensatz zu den Bisphosphonaten, die sich über Jahre hinweg in der Knochensubstanz anreichern, wird Denosumab innerhalb von 5-6 Monaten im Knochen abgebaut. Nach 6-7 Monaten kommt es zu einem starken Wiederanstieg der Osteoklastenaktivität, welcher dadurch erklärt werden kann, dass Denosumab nicht nur die reifen Osteoklasten sondern auch deren Vorstufen blockiert. Nach Abbau von Denosumab werden auch alle noch nicht ausgereiften Osteoklasten aktiviert, woraus ein stark gesteigerter Knochendichteverlust möglicherweise bis unter das Niveau bei Behandlungsbeginn mit in dieser Phase auch erhöhtem Risiko für Frakturen - dokumentiert sind vor allem spontane Wirbelkörperfrakturen - resultiert.

    Fallserien beschreiben multiple Wirbelkörperfrakturen (MWF) 9-16 Monate nach Absetzen der antiresorptiven Therapie mit Denosumab.

    Geschätzte Häufigkeit: <1%

    Massnahmen

    • genaues Einhalten der Halbjahresintervalle
    • Vermeidung längerer Applikationslücken
    • regelmässige Nachkontrollen nach Therapieende
    • Knochenversiegelung "Bridging" durch Umstellung auf alternative antiresorptive Therapie (Bisphosphonat)


    Interne praktische Umsetzung

    Einleitung der endokrinen Therapie mit einem Aromatasehemmer erfordert:

    Erhebung aktuelle Medikamenten-Anamnese, insbesondere Abfrage der Parameter

    • bereits bestehende Supplementierung von Calcium und/oder Vitamin D
    • bereits bestehende Osteoporose-Therapie


    Evaluation von Risikofaktoren für eine Osteoporose

    • Nikotin
    • Alkohol
    • Inaktivität
    • Untergewicht (BMI < 20)
    • Therapie mit Glukokortikoiden
    • Diabetes mellitus Typ 1
    • stattgehabte osteoporose-typische oder osteoporotische Frakturen


    Therapie-Einleitung

    • Information der Patientin über das Risiko des Knochenmasseverlusts unter der Therapie mit dem Aromatasehemmer (Reduktion der Knochenmasse um 1-3% pro Jahr)
    • Start der Supplementierung von Kalzium und Vitamin D (Standard BZ: Kalcipos D3 500/800 Filmtbl.) mit dem Beginn der endokrinen Therapie
    • Bestimmung Spiegel Calcium und Vitamin D3 jährlich ab Start der Aromatasehemmer-Behandlung


    Empfehlung/ Durchführung einer Knochendichtemessung mittels DEXA-Scan (CAVE: keine obligate Pflichtleistung der Krankenkassen, Untersuchungskosten ca. 150 CHF); anschliessende Re-Evaluation:

    • normale Knochendichte: Kontrolle nach Ende der AI-Therapie oder ggf. nach 2 Jahren
    • Osteopenie: Kontrolle der Knochendichte nach 2 Jahren
    • Osteoporose: Start eines iv oder oralen Bisphosphonates oder Denosumab (nach Möglichkeit durch den Hausarzt)


    Abgabe Infoblatt für den Zahnarzt und Rat zum Zahnarztbesuch


    Bridging nach Absetzen von Denosumab

    Massnahme ist unbedingt erforderlich zur Verhinderung eines relevanten Knochenmasseverlusts

    • Option 1: Zoledronat iv. (Aclasta®) 5mg 1x/ Jahr 1-2 Gaben
    • Option 2: Alendronat po. (Fosamax®) 70mg/ Woche 1-2 Jahre


    CAVE:

    Kostengutsprachegesuch für beide Anschlussbehandlungen nötig, da keine Pflichtleistung der Krankenkasse

    Listenpreis: 1 Jahr Zoledronat 307 CHF

    1 Jahr Alendronat 292 CHF

    bei Ablehnung der Krankenkasse:

    Off Label Option: 1 Jahr Zoledronat 4mg 130 CHF (Zulassung für Knochenmetastasen und multiples Myelom)


    Alternative Optionen mit positivem Einfluss auf die Knochendichte

    • regelmässige körperliche Aktivität, Sport
    • Vermeidung längerer Immobilisation
    • Kalzium (1000-1500 mg/ Tag)
    • Vitamin D (800/2000 U/ Tag)
    • Nikotinverzicht
    • allenfalls mässiger Alkoholkonsum
    • Vermeidung von Untergewicht (BMI < 20 kg/m²)


    Anhänge

    Leitlinie Osteoporose des DVO - Kitteltaschenversion

    Anschreiben Zahnarzt

    Kostengutsprachegesuch Bridging-Therapie

    Autor: K. Schwedler
    Autorisiert: K. Schwedler
    Version: 22.10.2017
    Gültig bis: 31.12.2018