Cerclage

18.06.20 - Ganzer Artikel überarbeitet

06.05.20 - Cerklagelagerung: Vakuummatratze und Stiefellagerung

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen

CRP =  C-reaktives Protein
ETT = Ersttrimestertest
PPROM = preterm premature rupture of membranes
SSW = Schwangerschaftswoche

 

Indikationen

  • Prophylaktische Cerclage (history-indicated cerclage) bei Einlingsschwangerschaft mit belasteter Anamnese  bei St.n. 1 bis 3 Frühgeburten oder Spätaborten. Für Schwangere mit St.n. Konisation, Zervixdilatationen im Rahmen von Curettagen oder Doppelfehlbildungen (Müller-Trakt-Anomalien) liegt keine ausreichende Evidenz vor. Normalerweise in der 12W0T bis 14W0T nach 1. Screening / ETT. Ambulante Operation.
  • Ultraschallindizierte bzw sekundäre Cerclage (ultrasound indicated cerclage) bei Zervixverkürzung < 25 mm bei Einlingsschwangerschaft. Bei der Kombination aus belasteter Anamnese und verkürzter Zervix ist der Nutzen der Cerclage evidenzbasiert. Normalerweise ab 16W0T bis 23W6T, situativ vor 16 SSW oder nach 24 SSW (bis 26W6T). Hospitalisation mindestens 24 Stunden. Eintritt über Pränatalabteilung.
  • Notfallcerclage (rescue cerclage, pyhsical examination indicated cerclage) bei eröffnetem Muttermund oder Fruchtblasenprolaps. Normalerweise nicht nach 24W0T wegen Risiko des iatrogenem PPROM und konsekutiver Frühgeburt. Hospitalisation und Antibiotikagabe über mindestens 24 Stunden i.v.  Eintritt über Pränatalabteilung.

 

Aufklärungsinhalte

Blasensprung (insbesondere bei Fruchtblasenprolaps), Chorioamnionitis, Blasen- und Darmverletzung (extrem selten), maternale Infektion, möglicherweise Benötigen einer Spinalanästhesie zur Entfernung der Cerclage, Cervixläsion bei Wehentätigkeit

Voraussetzung

ETT, (frühes) Organscreening, Ausschluss Plazenta oder Vasa prävia, mikroskopisches Nativpräparat. Ein bakteriologisches Screening mit Genitialabstrichen ist nicht zwingend notwendig. Liegen jedoch pathogene Keime im Vaginalabstrich vor, sollte präoperativ die Behandlung abgeschlossen sein.

(Peri-)operatives Vorgehen

  • Perioperative Tokolyse mit Indometacin (Indocid®) 75 mg per os unmittelbar präoperativ gefolgt von einer weiteren Gabe im Abstand von 12 Stunden, insgesamt für 2 Tage (48 Std.), Start am Morgen das OP Tages.
  • Für eine "history indicated" Cerclage in der 14-18. SSW ist keine Antibiotika Therapie notwendig. Bei sonographisch verkürztem Cervicalkanal < 25 mm ist eine AntibiotikaProphylaxe durchzuführen:
  • Perioperative antibiotische Prophylaxe:
    • Cefazolin 2 g i.v. 30 - 60 Minuten präoperativ. Bei Notfallcerclage weitere Gabe von Cefazolin 2 g i.v. 12h postoperativ.
    • Bei Allergie: Clindamycin 600 mg i.v. 30 - 60 Minuten präoperativ. Bei Notfallcerclage weitere Gabe von Clindamycin 600 mg i.v. 8h und 16h postoperativ.
    • Falls Chlamydien, Mykoplasmen, Ureaplasmen nicht per Mikrobiologie ausgeschlossen wurden zusätzlich Einmalgabe von Azithromycin 1 g p.o..
  • bevorzugt in Spinalanästhesie

Desinfektionsprotokoll

  • Kopftieflagerung und Vakuummatratze bei Notfallcerclage
  • Desinfektion von Haut bis Oberschenkel, knapp unter Bauchnabel, vulvär und gluteal mit Octenisept oder Braunoderm
  • Operateur und Assistent gewaschen, ohne Kittel und mit sterilen Handschuhen, Desinfektion der Vulva, Scheidendesinfektion unter Speculumeinstellung mit getrennten sterilen Specula.
  • Erneutes Waschen von Operateur und Assistenz, Abdeckung, auch mit sterilen Überzug der Stühle, Dauerkatheteranlage durch Operateur

Allgemeines

  • Lagerung: Vakuummatratze und Stiefellagerung (G2 - Laparoskopische SSL)
  • Operationstechnik: Shirodkar, McDonald, Shirodkar vereinfacht (ohne Inzision der hinteren Fornix)
  • Eine zuvor begonnene Progesterontherapie aufgrund einer vorangegangenen Frühgeburt sollte postoperativ fortgesetzt werden.
  • Bei Notfallcerclage oder bei progredienter Cervixverkürzung bei utraschallindizierter Cerclage Durchführung einer Lungenreifeinduktion ab 22W5T / 23W0T (immer nach Rücksprache sowie idealerweise erfolgter gemeinsamer Beratung durch Geburtshilfe und Neonatologie). Bei Diagnose der Cervixverkürzung bzw prolabierenden Fruchtblase nach Erreichen der Lebensfähigkeit zuerst immer Durchführung einer Lungenreifungsinduktion und erst nach deren Komplettierung Planung der Cerclage 
  • Bei Cervixverkürzung unter 25mm vor 24 SSW ohne Frühgeburt in der Anamnese hatte die Cerklage keinen Benefit in der Frühgeburtenreduktion.

Kontraindikationen

  • Zeichen einer intraamnialen Infektion wie unhemmbare Wehen, uteriner Druckschmerz oder CRP > 40 mg/l
  • PPROM
  • Keine prophylaktische oder ultraschallindizierte Cerclage bei Zwillingsschwangerschaft
  • Vasa prävia, Plazenta prävia
  • Fetus mit schwerer Malformation oder genetischer Störung, die nicht überlebensfähig ist
  • Persistierende vaginale Blutung

Fibronektintest nach Cerclage

Bei positivem Fibronektintest nach Cerclage ist das Risiko für eine Frühgeburt signifikant erhöht, jedoch gibt es mehr falsch positive Testergebnisse als ohne Cerclage. Zwei Wochen nach Cerclage also keinen Test durchführen, da sonst die Rate an falsch positiven Testergebnissen erhöht wäre.
Vor Fibronektintest generell keine Manipulation der Zervix oder Geschlechtsverkehr 24 Stunden vor Probenentnahme, Gleit- und Desinfektionsmittel beeinflussen das Ergebnis.

Zwillingsschwangerschaft

  • Die primäre (=prophylaktische) und sekundäre (=ultraschallindizierte, Verkürzung der Cervix) Cerclage erhöhte das Frühgeburtsrisiko bei unselektierten Zwillingsschwangerschaften.
  • Bei (mehr als 1 cm) eröffneten Muttermund führte die Notfallcerclage vor der 24. SSW zu einer Verlängerung der Mehrlingsschwangerschaft.
  • Die Einlage eines Cerclagepessars bei Zervixlänge < 25 mm bzw. < 38 mm vor 20 SSW reduzierte die Frühgeburtenrate bei Zwillingsschwangerschaften signifikant.
  • Vaginales Progesteron reduzierte die Frühgeburtenrate bei unselektierten Zwillingschwangerschaften nicht signifikant, weder bei verkürzter Cervix, noch ohne Zervixverkürzung.

Alternativen bei Einlingsschwangerschaft

Cerclagepessar bei Einlingsschwangerschaft und Zervixlänge < 25 mm

Vaginales Progesteron

  • bei Einlingsschwangerschaft mit St.n. Frühgeburt / Spätabort ohne Zervixverkürzung 
  • oder Zervixverkürzung (< 25 mm) in der aktuellen Schwangerschaft.

Sollte es unter Progesterontherapie zu einer Zervixverkürzung kommen kann eine zusätzliche Cerclage durchgeführt werden.

Enfernung

  • bei vorzeitigen nicht hemmbaren Wehen
  • Nach PPROM und abgeschlossener Lungenreifeinduktion. Eine verzögerte Entfernung erhöht das maternale und fetale Sepsisrisiko
  • elektiv bei 37 SSW

 

Literatur

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Cervical Cerclage, Green–top Guideline No. 60, 2011

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